SharePoint ist ein Content-Management-System, das unter anderem als Tool zur Verwaltung von Dokumenten eingesetzt werden kann. In der Praxis ergeben sich beim Einsatz als Dokumentenmanagement-System häufig Probleme, die gerade bei der Abbildung eines Qualitätsmanagement-Systems im regulierten Bereich oder in analytischen Laboren schwer oder gar nicht zu lösen sind.
Generelle Vorüberlegungen
Grundsätzlich sollte immer erst einmal genau geprüft werden, ob sich die kompletten Lebenszyklen aller geplanten Dokumente in der gewählten Softwarelösung abbilden lassen. Dabei auch unbedingt auf alle möglicherweise unterschiedlichen Prüf- und Freigabeworkflows achten.
Sind die Schutzmechanismen für die verwalteten Dokumente ausreichend und entsprechen sie die rechtlichen Anforderungen?
Ist eine einfache Anwendung durch die Endnutzer möglich? Beispeilsweise durch individualisierbare Benutzeroberflächen, grafische Navigationshilfen und einfach zu bedienende und attributbasierte Suchfunktionen.
Sollte bis hier noch kein Problem erkannt worden sein, widmen wir uns jetzt den konkreten Lücken.
Konkrete Lücken in SharePoint
SharePoint hat auch in der aktuellen Version 2019 einige Nachteile im direkten Vergleich mit den meisten modernen Dokumentenmanagement-Lösungen. Einige teilweise zwingend notwendige Funktionalitäten können nur schwer oder gar nicht anforderungsgerecht umgesetzt werden. Hier ein kurzer Überblick über die wichtigsten Lücken:
- Keine eindeutige Dokumenten-ID
- Dokumente in SharePoint erhalten keine eindeutige ID. Dokumente werden in SharePoint anhand von Dateinamen und Ablageorten verwaltet. Microsoft hat seit den ersten Versionen ein wenig nachgebessert, mittlerweile kann man eine Art Dokumenten-ID konfigurieren, jedoch ist diese keine echte Dokumenten-ID, da im Hintergrund immer noch die Dateinamen verwendet werden, die Dokumenten-ID nicht eindeutig ist und zurückgesetzt werden kann. In SharePoint 2019 ist diese Dokumenten-ID sogar nachträglich durch die Anwender veränderbar.
- Die fehlende Dokumenten-ID ist ein zentrales Problem, da keine automatische Erstellung einer konsistenten URL auf die jeweils aktuell gültige Version eines Dokuments möglich ist. Sollen Links aus Dokumenten, wie in einem QM-System grundsätzlich immer nötig, auf die aktuelle Version eines anderen Dokuments zeigen, ist bei jeder neuen Version des verlinkten Dokuments eine Prüfung und Anpassung des Links im verlinkenden Dokument notwendig.
- Durch die fehlende Unique-ID in Verbindung mit Sicherheitsmecahnismen ist ein spurenloser Austausch eines Dokuments in der Filestruktur möglich. Dies kann bedeuten, dass Dokumente benutzt werden, die keinen Prüf- und Freigabeworkflow durchlaufen haben.
- Die richtlinienkonforme Archivierung von Dokumenten ist im SharePoint-Standard nicht vorgesehen und ohne Zusatztool auch nicht möglich.
- Die Zuweisung von Dokumentenbenutzern ist nur im Rahmen der Gruppenstrukturen des Active Directory möglich. Eine Zuweisung mit komplexen Schnitt- oder Vereinigungsmengen oder die Einbeziehung zusätzlicher Metainfomationen in die Berechtigungssteuerung ist nicht möglich.
- Gleichzeitiges Arbeiten an einem Dokument erzeugt bei jedem Speichern ein neues Dokument ohne direkten Link zum Ausgangsdokument, dadurch wird es schwierig bis unmöglich, Bearbeitungsverläufe genau nachzuvollziehen.
- Die Darstellung auf mobilen Endgeräten ist problematisch. SharePoint verwaltet grundsätzlich Dokumente, die ein Drucklayout haben und sich dadurch nicht benutzerfreundlich auf Tablets/Smartphones darstellen lassen.
- Nur einfache Volltextsuche, keine Attributsuche.
- Bei Verwendung von mehreren Bibliotheken müssen die Attribuierungs- oder Versionierungseinstellungen genau aufeinander abgestimmt werden.
Validierung
Eine Software (oder besser gesagt das „computerized system“) muss vor einem Einsatz im regulierten Bereich zwingend validiert werden. Das betrifft in erster Linie den regulierten Bereich, ist aber auch Vorgabe für eine Akkreditierung gemäß ISO 17025.
Die Hauptprobleme, die eine Validierung einer SharePoint-Lösung unmöglich machen:
- Keine eindeutige ID für ein Dokument.
- Dokumente lassen sich inklusive aller Spuren löschen.
- Dokumente lassen sich durch andere Dokumente ersetzen ohne, dass dies im Audittrail sichtbar ist.
- Der Audittrail in SharePoint enthält entspricht vom Umfang der Informationen nicht den rechtlichen Vorgaben.
- Keine rechtskonforme Archivierung möglich.
Einige Probleme (z. B. die Archivierung) lassen sich mit Zusatzsoftware lösen.
Mögliche Probleme durch Zusatzsoftware
Grundsätzlich ist die Abbildung eines normkonformen (GxP und ISO 17025) Qualitätsmanagement-Systems ohne zusätzliche Software im SharePoint-Standard nicht möglich. Daraus entstehen etliche Probleme, die die Kombination einer Standardsoftware mit Lösungen externer Anbieter automatisch nach sich ziehen.
Besonders kritsch sollten in diesem Zusammenhang Funktionen betrachtet werden, die durch eine Zusatzsoftware nachgerüstet werden und für einen rechtskonformen Betrieb zwingende Vorbedingung sind.
Bei jedem Update einer Komponente, egal ob SharePoint-Update oder neue Version der Zusatzsoftware, muss sichergestellt werden, dass alle Komponenten immer noch wie gewünscht miteinander kommunizieren. Dies lässt sich im Geltungsbereich der ISO-17025- und GxP-Regelungen meistens nur durch eine aufwendige Revalidierung sicherstellen.